- Lynn Blattmann
Hundeleben
Immer mehr Menschen teilen ihr Leben mit einem Hund. Mittlerweile leben 505'745 Hunde in der Schweiz. Nur Katzen (1.6 Millionen) und Zierfische sind noch häufiger in Schweizer Haushalten anzutreffen.
Erschreckend ist nicht die steigende Zahl der Tiere, sondern die damit einhergehende Vermenschlichung der Vierbeiner.
Acht von zehn Hunden dürfen im oder auf dem Bett ihres Herrchens oder Frauchens schlafen, und eine steigende Zahl von Hundehaltern bekommt die Sache mit der Rangordnung zwischen Mensch und Tier nicht mehr auf die Reihe, was dazu führt, dass die Herrchen den Hunden gehorchen und nicht umgekehrt.
Hunde sind ein Riesenmarkt. Seit einigen Jahren explodiert das Angebot an Hundefutter, die Kombinationen wirken immer ausgefallener und menschlicher. Menüs wie Lachs mit Kartoffel oder Lamm mit Reis für Hunde wirken fast schon altbacken. Heute steckt Wellness im Futter. Es gibt Leckerli gegen Mundgeruch und gegen Haarausfall, und ein unüberschaubares Sortiment an Trockennahrung. Immer weniger Halter füttern ihren Hund mit rohem Fleisch. Wichtiger wird dafür die biologische Herstellung, die hohe Qualität der Zutaten und veganes oder vegetarisches Futter.
Dabei sind Hunde eigentlich Fleischfresser, Getreide schadet ihnen aber auch nicht, dennoch ist die Hundefütterung heute so ausgeklügelt wie das Astronautenfutter in den Sechzigern. Rohfleischfütterung ist derart exotisch geworden, dass sie "barfen" genannt wird und nur noch von Insidern betrieben werden kann, die mehr als nur die Hundeschule absolviert haben.
Moderne Hunde fressen keine Schlachtabfälle mehr und schon gar keine Reste der Familie. Wer so etwas verfüttert, wird als Tierquäler angeschaut.
Es überrascht nicht, dass im Moment auch der Markt für medizinischen Angebote für Hunde exponentielle Wachstumskurven aufweist. Während noch vor wenigen Jahren hämisch in der Presse kolportiert wurde, dass die Hirslanden Gruppe ihre MRI-Maschinen nachts mit dem Durchleuchten von kranken Hunden auslastet, sind solche Geräte heute auch für Geschöpfe mit Pfoten besser zugänglich geworden.
Es gibt kaum eine Gesundheitsdienstleistung, die Sie ihrem Liebling nicht verabreichen lassen können. Den Tieren werden künstliche Hüftgelenke eingesetzt, sie bekommen Akupunktur oder Zahnkorrekturen. Besonders gefragt sind im Moment auch Darmsanierungen für Hunde. Darum erstaunt es nicht, dass auch Krankenversicherungen für Vierbeiner angeboten werden.
In der Schweiz werden jährlich rund 670 Millionen Franken für Hundefutter und Spielzeug aufgewendet, Tendenz stark steigend. Hundehalter kennen für ihre haarigen Lieblinge kein Budget. Nur 20% aller Schweizer Hunde bekommen kein besonderes Geschenk zu ihrem Geburtstag oder zu Weihnachten.
Da erstaunt es nicht, dass acht von zehn Hundebesitzern lieber mit ihrem Hund auf eine einsame Insel gehen wollen als mit ihrem Lebenspartner.
Wäre es da nicht an der Zeit, endlich eingetragene Partnerschaften für Hunde zu fordern?
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