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  • Lynn Blattmann

Kunst macht glücklich


Oberfläche eines Werks von David Nash im Skulpturenpark Kloster Schönthal

Alain De Botton, der englische Philosoph mit Schweizer Wurzeln hat ein lesenswertes Buch mit dem schlichten Titel Glück und Architektur geschrieben. Er laboriert zwar auf einigen Buchseiten darum herum, aber eigentlich will er uns sagen, dass uns gute Architektur jeden Tag glücklich machen kann und dass die Beglückung nicht durch einen besonders gelungen gestalteten Wohnbereich geschieht, sondern dadurch, dass ein gutes Gebäude in uns eine Resonanz auslöst, die uns nicht nur erfreut, sondern geradezu ergreifen kann, weil wir es als Extension von uns begreifen, die wir so selbst nicht hätten herstellen können.

Zugegeben, die Sache wird heikel, wenn man nachfragt, was denn ein "gutes Gebäude" sei. Dennoch weiss ich, dass De Botton recht hat, wenn er sagt, dass die richtige Form in uns eine Schwingung erzeugen kann, die körperlich erfahrbar ist.


Mir geht es gleich, wenn ich eine gute Plastik vor mir habe. Ich nähere mich der dreidimensionalen Form und versuche sie visuell zu begreifen, aber bevor ich dazu komme, hat sie mich bereits berührt, sie löst etwas aus in mir, ein Gefühl des Erkennens, der Wunsch, sie anzufassen. So ging es mir mit grossen Skulpturen von David Nash, der seine Werke oft aussen verkohlt und damit die Formen nicht nur akzentuiert, sondern dem Holz eine überzeitliche Erscheinung gibt. Als ob sie vorher ewig im Moor gelegen hätten.


Noch viel unmittelbarer und erschütternder war meine Begegnung mit den plastischen Arbeiten von Ursula von Rydingsvard, einer Amerikanerin, die in Polen geboren wurde und im Zweiten Weltkrieg in Deutschland interniert worden war. Ihre riesigen verleimten Holzskulpturen strahlen eine unwirkliche Schönheit aus, und doch könnten sie auch Requisiten aus Albträumen sein.

Ich habe den Krieg nicht erlebt, ich bin Jahrzehnte jünger als die Bildhauerin und doch waren ihre Skulpturen sofort auch meine, also die, die ich nie schaffen könnte, die aber dennoch etwas mit mir zu tun haben. Sie sind abgründig, furchteinflössend und haben gleichzeitig etwas Tröstliches, so dass ich gern in ihrer Nähe bin.


Eine ganz andere Berührung vermag Herbert Albrecht mit seinen abstrakten Köpfen auszulösen. Albrecht ist ein Wotruba Schüler, er wurde 1927 geboren und hat bis vor wenigen Monaten täglich gearbeitet. Wie viel Reduktion und doch Anmut und Würde er in das Thema der menschliche Kopf hineinbringt, das ist Kunst, es ist aber auch immer eine Hommage an das Menschsein, an den Humanismus an, das was uns im Innersten ausmacht.


Am vergangenen Wochenende war ich im Skulpturenpark Schönthal. Ich wusste schon, dass dort im Moment ein britischer Bildhauer und Grafiker ausstellt, aber was ich dort antraf, hat mich dennoch unvorbereitet getroffen. Peter Randall Page heisst der Steinbildhauer, der Formen geschaffen hat, die ebenso neu wie archaisch anmuten. Er ist ein Meister der Muster und da ist es nicht weit zur Fraktalgeometrie und Mathematik. Bei ihm kommt alles leicht und variabel daher, fast wie in der Natur, seine Formen sind gleichzeitig neu und doch seltsam tief vertraut. So reiht sich auch Randall Page ein in die Riege derjenigen Bildhauer, die mich nicht nur zu berühren, sondern irgendwie sogar glücklich machen können.


"Architektur ist und bleibt ein Produktionsversuch menschlicher Heimat" soll Ernst Bloch geschrieben haben, Bildhauerei auch...

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